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20620: Was bedeutet die in Netzverwaltung unter Technische Daten einstellbare "Standard-Mindestbeharrungszeit"?

Die Mindestbeharrungszeit ist ein Relikt aus Dampflokzeiten und sollte ursächlich dazu führen, dass Mensch und Maschine zumindest im planmäßigen Fall etwas geschont werden. Sie sagt aus, dass zwischen einem Beschleunigungs- und einem darauffolgenden Bremsvorgang eine Mindestzeitspanne Beharrung liegen muss. Sie ist in Deutschland auf 30 s festgelegt und hierzulande daher auch als „30-s-Regel“ bekannt.

Würde zwischen Beschleunigen und Bremsen keine Beharrung liegen, spricht man vom „spitz fahren“ (s. a. Grafik). Spitzes Fahren ist relativ belastend (auch im übertragenen Sinne) für den Triebfahrzeugführer, aber auch für Reisende und Triebfahrzeug, da es zumindest theoretisch einen unmittelbaren Kräftewechsel von Zug- auf Bremskraft unterstellt. Andererseits erscheint es aus heutiger Sicht auch unrealistisch, dass ein Triebfahrzeugführer soweit im Kopf „vorausrechnen“ kann, dass er bereits 30 s vor einem potentiellen Bremseinsatzpunkt die Zugkraft zurücknimmt.

Insgesamt kann man durch ein paar einfache Vergleiche (z. B. mit Fahrschaubildern aus dem Bildfahrplan) feststellen, dass eine Mindestbeharrungszeit von ca. 30 s i. d. R. nur zu einem geringfügigen Fahrzeitmehrbedarf, jedoch zu einer erheblichen Energieeinsparung führt. Es wird daher empfohlen, die Mindestbeharrungszeit nicht völlig abzuschalten, sondern einen Wert zwischen 5 s und 30 s zu verwenden.

Für die Infrastruktur der DB Netz AG wird in deren Richtlinien 457 und 402 (Stand 12/2005 bzw. 06/2005) eine Mindestbeharrungszeit von 30 s gefordert. Allerdings wird unter 457.0201.5 (10b) Punkt 3 auch eine Reihe von Ausnahmen genannt. Vor allem im Rahmen der Richtlinie 457 dient die Mindestbeharrungszeit der Vermeidung unnötiger oder nicht sinnvoller Häufungen von Geschwindigkeitswechseln. Da sie darüber hinaus heutzutage jedoch vor allem energetische, personelle und fahrzeugtechnische Hintergründe hat, ist die Entscheidung über die Mindestbeharrungszeit auch Sache des jeweiligen EVU.

Zuletzt aktualisiert am 21.01.2020 von iRFP Support.

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