Fragen und Antworten
61060: Wie kann in railML erkannt werden, ob ein Zug in Richtung 1 oder Richtung 2 fährt?
Im innerstädtischen ÖPNV ist es oft üblich, Fahrten einer von zwei Fahrtrichtungen zuzuweisen. Die beiden Fahrtrichtungen werden dafür meist auf einen Linienverlauf bezogen: Es wird eine Linie mit festem Laufweg definiert; Fahrten in Definitionsrichtung der Linien sind dann z. B. Richtung 1, Fahrten entgegen der Definitionsrichtung sind Richtung 2. Die Zuweisung einer Richtung wäre also immer auch an die Zuweisung einer Linie gebunden.
Diese Philosophie hat es in der Eisenbahnwelt traditionell nicht gegeben; daher gibt es auch in railML bisher (Stand 2017 bis einschl. railML 2.3) keine Richtungsdefinition oder Möglichkeit der expliziten Angabe einer Richtung in diesem Sinne.
Einer der Gründe ist, dass traditionell auch keine (offiziellen) Linienangaben in Eisenbahnfahrplänen zu finden sind. Es gab und gibt zwar gelegentlich Linienangaben mit zunehmender Tendenz, und auch in railML findet sich ein optionales Attribut für eine Linienangabe. Entgegen der oben gemeinten Definition aus dem innerstädtischen ÖPNV sind solche Linienangaben aber eher „weich“, die Züge halten sich nicht streng an die Linien, es gibt zahlreiche „Ausreißer“ oder „Querschläger“ – von Leer-, Dienst- oder Güterzügen einmal ganz abgesehen.
Manche Länder verwenden die Parität der Zugnummer als eine Art Richtungsangabe: Gerade Zugnummern in die eine, ungerade in die andere Richtung. Im Allgemeinen ist das durchaus typisch und regelmäßig für alle Eisenbahnfahrpläne über Ländergrenzen hinweg. Man könnte also meinen, die gesuchte Richtungsangabe ließe sich leicht aus der Parität ableiten. Dies wird aber aus folgenden Überlegungen nur in den wenigsten Fällen tatsächlich praktikabel:
- Die Definition der Parität richtet sich üblicher Weise nach der Strecke (Infrastruktur), nicht nach der (verkehrlichen) Linie. Sie stimmt daher im Detail oft nicht mit dem erwarteten Wert überein.
- Viele Infrastrukturbetreiber halten sich eher inkonsequent an die Paritätsregel. Insbesondere wenn ein Zug „die Richtung wechselt“ – also kopfmacht oder die Strecke wechselt – wird i. d. R. keine neue Zugnummer vergeben. Dies hätte auch andere Nachteile, etwa dass die durchgehende Reisekette (Umsteigefreiheit) nicht mehr erkenntlich wäre.
- In den wenigen Fällen, in denen sich Bahnverkehr recht streng an die Paritätsregel hält – wie etwa derzeit bei TGV in Frankreich – haben viele Züge konsequenter Weise zwei Zugnummern unterschiedlicher Parität und wechseln während der Fahrt regelmäßig zwischen der einen und der anderen Zugnummer, je nachdem, auf welcher (infrastrukturellen) Strecke sie gerade unterwegs sind.
Fazit für railML:
Eine Richtungskennung ist in Eisenbahnfahrplänen nicht üblich und auch nicht trivial herleitbar. Daher gibt es bisher auch in railML keine Richtungskennung. Es bleibt Programmen, die solche Richtungskennungen zwingend brauchen, damit i. d. R. nur der Weg über einen Vergleich der Laufwege aller betreffenden Züge (Bilden von Linienlaufwegen) und Zuordnen der Züge zu den so gebildeten Laufwegen in Definitionsrichtung (Richtung 1) oder entgegen Definitionsrichtung (Richtung 2). Dabei werden – entgegen dem Üblichen innerstädtischen ÖPNV – zwangsläufig oft Linienlaufwege entstehen, die nur in einer Richtung benutzt werden.
Zuletzt aktualisiert am 17.01.2020 von iRFP Support.